Die blaue Grenze
Fidelis Lorentz ist Komponist und verdient sein Brot mit Titelmelodien für Fernsehfilme. Als er einen Anruf von seiner großen Liebe J. erhält, ahnt er, dass sie sich trennen will, und steigt kurzerhand in den Zug. Sein Ziel: Pjöngjang, denn wenn man gegen die Zeit anrennen will, dann nur gen Osten. Während die verschneiten Weiten Sibiriens an ihm vorbeiziehen, reist er gedanklich in die Vergangenheit: zu seinem Urgroßvater, in dessen Fernweh Fidelis sich wiederfindet – ein Träumer aus dem Bayerischen Wald, der als Matrose zur See fuhr und später im Dorfteich ertrank. Zur Großmutter, selbst beim Beten pragmatisch, die nichts von Heiligen hielt und sich immer direkt an die höchste Instanz wandte. Zu ihrem Mann, Berufssoldat in der Wehrmacht, der den Anblick von Waffen nicht ertrug. Sie alle rebellierten auf ihre Weise gegen die provinzielle Enge und die Erwartungen an sie, behaupteten ihr eigenes Leben. Nach und nach enthüllt sich auch die Gegenwart – und Fidelis’ verlorene Liebe zur mysteriösen J.
Konstantin Ferstl erzählt sprachgewaltig, dabei voller Zärtlichkeit und Witz, über die Liebe, das Scheitern und das widerspenstige Leben der Menschen auf dem Land. Ein virtuoses Familienepos, eine deutsche Mythologie des 20. Jahrhunderts.
Konstantin Ferstl
Belletristik
Rowohlt Berlin 2023